Wahl der Krankenkasse

Augen auf bei der Versicherungswahl!

Von Jens Bartels · 2024

Ob das private oder eher das gesetzliche Krankenversicherungssystem besser zu den eigenen Bedürfnissen passt, lässt sich oft gar nicht so einfach beantworten. Beide Optionen haben unterschiedliche Vor- und Nachteile. Grundsätzlich hängt die Wahl von Kriterien wie Einkommen, Alter oder Gesundheitszustand ab.

Ein weißes Sparschwein liegt in einem blauen Stethoskop.
Foto: iStock / Nudphon Phuengsuwan

Nicht nur bei der fehlenden Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen ist Deutschland im europäischen Vergleich einzigartig. Auch bei der Krankenversicherung geht die Bundesrepublik einen Sonderweg: Kein anderes Land in Europa besitzt nebeneinander zwei Systeme der gesundheitlichen Absicherung. Auf der einen Seite existiert das Solidarsystem der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Bei dieser Option genießt jeder Versicherte denselben Schutz und wird unabhängig von der Höhe der eigenen Versicherungsbeiträge oder der Wahl der Krankenkasse identisch behandelt. Weitere Eigenschaften in der GKV sind die gesetzlich festgelegten medizinischen Leistungen der Versicherten und die vom Einkommen der Mitglieder abhängigen Monatsbeiträge.
Auf der anderen Seite gibt es die private Krankenversicherung (PKV). Bei dieser Option übernimmt jeder Versicherte ausschließlich für seinen eigenen Versicherungsschutz Verantwortung – und zwar lebenslang. Entsprechend ist die Höhe des Beitrags nicht vom Einkommen abhängig, sondern von Alter, Gesundheitszustand und gewähltem Tarif. Privat versichern dürfen sich grundsätzlich übrigens nur Beamte, Selbstständige oder Studierende sowie Angestellte, die mit ihrem Gehalt über der Versicherungspflichtgrenze liegen. 2023 lag diese Grenze bei einem Jahresbrutto von 66.600 Euro. Bei Angestellten übernimmt der Arbeitgeber die Hälfte der Prämie, allerdings nur bis zum Höchstsatz eines gesetzlich Versicherten.

Mehrheit gesetzlich versichert

Insofern überrascht es kaum, dass der überwiegende Teil der Bundesbürger gesetzlich versichert ist. Nach Angaben des Verbands der Ersatzkassen waren von den mehr als 84 Millionen Menschen in Deutschland im Juli 2023 rund 74 Millionen Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung. Das entspricht etwa 90 Prozent der Bevölkerung. Mehr als die Hälfte aller Mitglieder der GKV (60,2 Prozent) zählten dabei zu den Pflichtmitgliedern mit einem Einkommen bis zur Versicherungspflichtgrenze. Die Anzahl der kostenfrei mitversicherten Familienangehörigen lag bei mehr als 16 Millionen, über sechs Millionen Menschen (10,7 Prozent) waren 2023 freiwillig in der GKV versichert.

Familie mitversichern

Wer vor der Wahl steht, sich für eine Krankenversicherung zu entscheiden, vergleicht am besten beide Systeme und rechnet durch, welche Option auf Dauer besser passt. Denn nicht jeder, der sich laut Gesetz privat versichern kann, sollte das auch tun. Die gesetzliche Krankenversicherung nimmt jeden auf, der gesetzlich versicherungspflichtig ist. Alter, Vorerkrankungen oder Gesundheitszustand spielen keine Rolle. Ein weiterer Pluspunkt: Gesetzlich Krankenversicherte können Ehe- oder Lebenspartner sowie die Kinder bis zu ihrem 25. Geburtstag kostenlos mitversichern und dadurch sämtliche Leistungen der Krankenkassen in Anspruch nehmen. Voraussetzung ist, dass Partner und Kinder nichts oder nur wenig verdienen. Zudem übernehmen gesetzliche Krankenkassen die Abrechnung mit Ärzten und Krankenhäusern. Auch wichtig: Arbeitgeber beteiligen sich zur Hälfte am monatlichen Gesamtbeitrag. Grundsätzlich gilt: Wer wenig verdient, der zahlt auch wenig für die Krankenkasse. Zu den Nachteilen der GKV gehört, dass ihre Mitglieder keine Möglichkeit haben, ihren Versicherungsschutz individuell anzupassen. Sowohl Beitrag als auch Leistungskatalog sind vorgeschrieben. Zudem ist die freie Arztwahl eingeschränkt, und bei stationärer Behandlung besteht nur Anspruch auf Regelleistungen. Auch Zuzahlungen, etwa für Heil- und Hilfsmittel oder Zuzahlungen für Zahnersatz, sind meist die Regel.

Auswahl bei Leistungsumfang

Wer sich für den Weg in die private Krankenversicherung entscheidet, kann dagegen anders als in der GKV den eigenen Versicherungsschutz oft aus verschiedenen Bausteinen individuell zusammenstellen. Mit der Auswahl des entsprechenden Tarifs legen privat Krankenversicherte also selbst fest, welchen Leistungsumfang sie etwa beim Arzt, im Krankenhaus oder für Medikamente wünschen. Dafür steht ihnen eine Vielzahl von Grund-, Standard- und Top-Tarifen zur Auswahl. Die PKV lockt mit weiteren Vorteilen: Sie ermöglicht oft kürzere Wartezeiten für einen Termin beim Facharzt oder die Behandlung durch hochbezahlte Spezialisten mit den neuesten medizinischen Techniken. Allerdings sind diese Leistungen nur von teuren Tarifen abgedeckt. 
Grundsätzlich gilt in der PKV: Besonders günstige Tarife bieten oft nur wenig Schutz. Wer Vorerkrankungen hat, muss zudem mit Risikozuschlägen auf seine Beiträge oder einer Ablehnung seines Antrags rechnen. Außerdem können in der PKV keine Familienmitglieder kostenfrei mitversichert werden. Ein weiterer Nachteil: Auch wenn im Alter die Einkünfte sinken, bleiben die Beiträge hoch. Angestellte und Selbstständige sollten daher die private Krankenversicherung nur in Betracht ziehen, wenn sie wohlhabend sind oder sich bis zur Rente genug Vermögen aufbauen können. Klar muss auch sein: Die Wahl der privaten Krankenversicherung ist meist eine Entscheidung für das ganze Leben. Wer die gesetzliche Kasse einmal verlassen hat, kommt in der Regel nicht so leicht wieder hinein. Ab dem 55. Geburtstag ist eine Rückkehr, abgesehen von wenigen Ausnahmen, ausgeschlossen.

Eine Grafik, die darstellt, dass PK-Versicherte im vergangenen Jahr im Schnitt 366 Euro pro Monat für ihre private Krankenversicherung gezahlt haben.

Wahl der Krankenkasse: Steigende Beiträge im Blick behalten

Bei der Frage nach der Wahl der Krankenversicherung darf übrigens auch die Entwicklung der Beitragssätze nicht vernachlässigt werden. Eine Vielzahl von Experten prognostizieren in den nächsten Jahren höhere Beiträge der gesetzlichen Krankenversicherung. Laut einer aktuellen Projektion des Berliner IGES Instituts im Auftrag der DAK-Gesundheit droht zum Beispiel bis zum Jahr 2035 ein Beitragssprung von 16,3 auf 19,3 Prozent. Dies könnte bei vielen Bundesbürgern die Entscheidung für oder gegen das jeweilige Krankenversicherungssystem noch einmal beeinflussen.

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